Piz Boe, Lichtenfelsersteig
Nach der Fahrt über das Grödnerjoch bringt uns eine Gondelbahn und ein Sessellift von Corvara bequem zum Felsenkessel des Valon auf über 2500m. Die Felsen, welche den Karstkessel umgeben, beeindrucken uns. Die Franz Kostner Hütte lassen wir links liegen und steuern direkt auf einen versteckten Felsenkessel zu.
Etwas ungläubig schauen wir nach oben. Wie zum Teufel sollen wir diese Felsbarriere queren und wohin führt dann der Weg? Bein Felssockel angelangt, ergibt sich die Wegführung von selbst. Immer der leichtesten Stelle nach kraxeln wir sukzessive höher und die ausgesetzten Querungen und Steilstufen sind mit Drahtseilen versichert. Es folgt eine Geröllhalde und unter der oberen Felsbarriere leitet ein schmales Weglein Richtung Süden und wir erreichen weniger steiles Gelände. Vor uns sehen wir die mächtigen Dolomitenmassive des Monte Pelmo und der Civetta und auch die Marmolada mit dem rasant schwindenden Gletscher und dem Gletscherausbruch, welcher letztes Jahr mehrere Menschenleben kostete. Vor dem nächsten Aufschwung ist ein Trinkhalt angesagt.
Es weht ein zügiges Lüftchen, welches wir gerne entgegennehmen, heizt die Sonne doch schon recht ein. Der Weg wird wieder steiler und Markierungen weisen uns den Weg steil hinauf zur Cresta Strenta. Der Grat ist luftig und drahtseilversichert. Der Blick hinunter zum Lai Dlace, dem Eissee, ist ernüchternd. Dieser See ist normalerweise das ganze Jahr vereist. Nicht so dieses Jahr. Keine einzige Eisscholle ist zu erblicken. Ab der Forc. dai Ciamorces kommen uns plötzlich viele Leute entgegen. Das Rätsel löst sich 10 Minuten später. Fast jeder Quadratmeter des Gipfels des Piz Boe ist mit Menschen besetzt.
Nach dem stillen und recht einsamen Aufstieg ertragen wir dieses Getümmel nicht und so steigen wir sofort etwa 100 Höhenmeter runter. Hier haben wir wieder unsere Ruhe und geniessen die wohlverdiente Mittagsrast. Der Abstieg ist wiederum abwechslungsreich und zuletzt überrascht uns ein drahtseilversichertes, steiles Couloir, welches grosse Aufmerksamkeit (Steinschlag) und auch etwas Armkraft erfordert.
Unten angelangt sehen wir die
Gruppe Regula, und schon bald wandern wir vereint zur Franz Kostner Hütte. Ein
kühles Bierchen haben wir nun verdient, müssen wir doch nur noch zur Seilbahnstation
rüber laufen. Den langen Abstieg nach Corvara bewältigen wir nämlich mit der Seilbahn und staunen von dort, wie rücksichtslos hier mit der Natur umgegangen wurde, um in dieser Karstregion Ski fahren zu können!